Der erste Gast
Erst dachte er, er hätte sich geirrt - irgendeinen Fehler bei seinen Berechnungen gemacht. Aber nach dem er alles überprüft hatte, waren Zweifel ausgeschlossen. Er stand hier, ungefähr 80 Kilometer hinter der Grenze, welche die bekannte Welt von der "Terra inkognito" trennt, auf einem Bordstein, einer vielleicht 100 Meter langen und 8 Meter breiten Straße, die vom Dschungel in den Urwald führte und von der anderen Seite lächelte ihm erwartungsvoll ein ältlicher Hotelportier zu.
Er war bei seiner Expedition, bis jetzt, noch nicht auf allzu Fremdartiges gestoßen und hatte sich damit getröstet, dass er ja auch noch nicht sehr weit gekommen war. Allerdings, hier auf ein Hotel im viktorianischen Stil zu treffen, fand er doch sehr befremdlich.
"Kommen sie doch. Wir haben schon so lange auf sie gewartet" rief ihm der Portier zu und winkte. Die goldenen Knöpfe seiner roten Uniformjacke glänzten im Sonnenlicht.
"Auf mich gewartet? Das kann nicht sein." Nicht ohne sich vorher nach eventuellen Droschken umzublicken, hatte er die Straße überquert und spähte nun durch die Scheiben der Eingangstür.
"Aber ja, treten sie doch ein. Darf ich ihre Koffer nehmen? Es wird ihnen gefallen. Alle unsere Zimmer haben einen herrlichen Ausblick auf den Dschungel.
Leider ist die Rezeption gerade nicht besetzt. Ich führe sie gleich auf ihr Zimmer. Das Beste wenn sie mich fragen. 2. Stock auf der der Straße abgewandten Seite. Da ist es ruhiger. Keine Angst es ist spottbillig. Wir haben leider nur selten Gäste."
Der Redeschwall des Alten spülte den Forscher in ein gemütliches Zimmerchen, das zwar ein wenig altmodisch wirkte, mit den schweren Tropenholzmöbeln, aber ansonsten allem entsprach, was er von zuhause kannte.
"Eigentlich…" der Alte wirkte etwas verlegen "…sind sie mein erster Gast. Die einheimischen Barbaren legen wenig Wert auf komfortable Übernachtungsmöglichkeiten. Ich hoffe trotzdem, dass alles zu ihrer Zufriedenheit ist."
Er drehte sich um und wollte gehen.
"Aber warum…?" fing der Forscher an zu fragen. Als hätte er darauf gewartet, fiel ihm der Alte ins Wort.
"Weil mein Urgroßvater ein Forscher war. Er ging in die Richtung, aus der sie gekommen sind, und als er wiederkam war er nicht mehr derselbe. Er sprach von seltsamen Dingen und verlangte den Bau des Hotels. Wenn sich schon einer in die Wildnis verirrt, sagte er immer, soll er es wenigstens ein bisschen gemütlich haben."
Die Worte sprudelten nur so aus dem Alten heraus, als hätte sie sich seit Jahren in ihm aufgestaut und jetzt wäre der Damm gebrochen.
"Wissen sie, die Leute hielten ihn für verrückt. Nach einer Weile glaubten sie ihm kein Wort mehr. Sie behaupteten, er hätte sich irgendwo versteckt und die Geschichten über eine Welt die so wild ist, das es darin unzählige Hotels gibt, wären erlogen. Nur ich glaubte seine Geschichten und liebte sie." Ein strahlendes Lächeln erhellte sein Gesicht.
"Doch nun sind sie angekommen, schmutzig, verschwitzt, stinkend, mit einer Machete in der Hand und einer Pistole am Gürtel und ich weiß, alles ist wahr."
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